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Mandantendepesche Mallorca2030

Lust auf Zukunft

44 Eine Publikation der European@ccounting Center of Competence®Mallorca 2030 DIE NEUE EU-ERBRECHTSVERORDNUNG Inkrafttreten Die Verordnung ist in Kraft seit 17.08.2015. Dies hat zur Folge, dass ab dem Stichtag keine zuwiderlaufenden nationalen Gesetze verabschiedet werden dürfen. Anwendung findet sie auf Personen, die am oder nach dem 17.08.2015 verstorben sind. Rechtswahlen, die in schon bestehen- den Testamenten oder Erbverträgen verankert sind, sind und bleiben wirksam. Verdrängung deutschen Rechts – Erbschein Durch die EuErbVO ist ebenfalls eine neue Art des Nachweises der Erben- stellung eingeführt worden, das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ gem. Art. 62 ErbVO). Bisher hatte jeder europäische Mitgliedsstaat eine eigene Nachweisbescheinigung für die Erben gegenüber bspw. Behörden, in Deutschland wurde dies durch den Erbschein sichergestellt. Das ENZ ist dann nötig wenn eine „Verwendung in einem anderen Mitgliedsstaat“ benötigt wird (Art. 62 Abs. 3). Bei inländischen Sachverhalten verliert der deutsche Erbschein allerdings nicht seine Wirksamkeit. Das ENZ ersetzt deutschen Erbschein somit nicht, sondern kann daneben erteilt werden. Bsp.: Wenn Vermögen in Deutschland, sowie auf Mallorca, kann in Deutschland für das deutsche Vermögen ein Erbschein und für das mal- lorquinische Vermögen ein ENZ beantragt werden. REGELUNGEN DER ERBVO Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers stattfindet. Eine Rechts- wahl ist möglich und dadurch in den Fällen mit Auslandsbezug dringend empfohlen. Die Zuständigkeit der Gerichte richtet sich dementsprechend nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Durch eine Rechtswahl kann der deutsche Erblasser für den Fall seines Todes die Anwachsung des Rechts der Balearen verhindern. Durch die EuErbVO wird eine EU-weite Anerkennung und Vollstreck- barkeit der Titel gesichert und das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) eingeführt. Beispiel 3 Erblasser ist Deutscher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland a) Sachverhalt Erblasser E ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland. Im Urlaub auf Mallorca stirbt er an einem Herzanfall. Es bestehen keine Verfügungen von Todeswegen. Die Witwe beantragt den Erbschein auf sich und ihre zwei Kinder. b) Lösung Anwendbares Recht: Der Aufenthalt von wenigen Wochen ist kein gewöhnlicher Aufenthalt. Somit wird keine mallorquinische Rechtsanwendbarkeit ausgelöst. Der Nachlass des E wird nach deutschem Erbrecht verteilt. Unabhängig von einer Rechtswahl ergibt weder nach altem noch nach neuem Rechtsstand sich eine mallorquinische Zuständigkeit. Beispiel 4 Erblasser ist Deutscher mit gewöhnlichem Aufenthalt auf Mallorca II a) Sachverhalt Der deutsche Staatsangehörige E stirbt in Palma am 10.12.2015, wo er die letzten 15 Jahre seinen wohlverdienten Lebensabend genoss. Es bestehen keine Verfügungen von Todeswegen. E besaß weiteres Vermögen in D. Es besteht ein Testament nachdem beim Ableben eines Ehepartners, der Überlebende alles erhalten soll. Die Ehegatten haben 5 Kinder - 2 gemeinsam, 3 vom Ehemann aus erster Ehe. Wie ist die Rechtslage nach mallorquinischem Noterbrecht, sowie nach deutschem Pflichtteilsrecht (Alternative)? b) Lösung Anwendbares Recht: Der ständiger Aufenthalt gem. EU-Erbrechtsreform erklärt nicht das allgemeine spanische (Código Civil), sondern mallorquinisches Fora- lerbrecht für zuständig. Die Pflichtteile nach mallorquinischem Noterbrecht verteilen sich wie folgt: Kinder und andere direkte Verwandte der absteigenden Linie: ▶ 1/3 der Erbmasse, wenn 4 oder weniger als 4. ▶ 1/2 der Erbmasse, wenn mehr als 4. Direkte Verwandte der aufsteigenden Linie ¼. Ehegatten erhalten ½ Nießbrauch an der Erbmasse. Rechtsfolgen des Noterbrechts: Die fünf Kinder des Ehemannes haben ein Recht auf ½ des Vermögens ihres Vaters. Die beiden gemeinsamen Kinder haben ein Recht auf ⅓ des Vermögens ihrer Mutter. Die Ehepartner haben ein Recht auf den Nießbrauch von ½ des Vermögens ihres verstorbenen Ehepartners. Es ist kein Verzicht ähnlich deutschem Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten des Erblassers möglich. c) Lösung Alternative Durch Rechtswahl entscheidet sich der Erblasser für deutsches Recht. Anwendbares Recht Deutsches Erbrecht wird durch die Rechtswahl festgelegt. Die Pflichtteile nach deutschem Erbrecht ergeben sich wie folgt: Hälftiger gesetzlicher Erbteil für Kinder und andere direkte Verwandte 1. Grades, somit ½ gesetzlich, also ¼ Pflichtteil. Der Ehepartner ¼ zzgl. ¼ aus §1371 BGB (Zugewinn), somit ½ gesetzlich, also ¼ Pflichtteil. Rechtsfolgen deutsches Erbrecht Die fünf Kinder des Ehemannes haben ein Recht auf ¼ des Vermögens ihres Vaters. Die beiden gemeinsamen Kinder haben ein Recht auf ¼ des Vermögens ihrer Mutter sowie des Vaters. Die einseitigen Kinder haben keinen Anspruch auf Vermögen der Stiefmutter, Ausnahmen bei Adoption. Die Ehepartner haben ein Recht auf den Nießbrauch von ½ des Vermögens ihres verstorbenen Ehepartners. Auch dieses Praxisbeispiel zeigt, dass die Wahl deutschen Rechts unbe- dingt zu empfehlen ist. Dies gilt für all diejenigen, die bisher noch kein Testament errichtet haben und für diejenigen, die in der Vergangenheit mit oder ohne Beratung Testamente verfasst haben. III. GEWÖHNLICHER AUFENTHALT UND RECHTSWAHL Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts § 7 BGB definiert den Wohnsitz nach deutschem Recht. In der Praxis fallen Wohnsitz und der gewöhnliche Aufenthalt regelmäßig zusammen. Problematisch ist, dass die EuErbVO keine eigene Definition des gewöhn- lichen Aufenthaltes bereitstellt und so (vorerst) auf eine Definition des EuGH im Falle einer Sorgerechtsstreitigkeit verwiesen werden muss: „Unter dem gewöhnlichen Aufenthalt ist der Ort zu verstehen, der Ausdruck ei-ner gewissen sozialen und familiären Integration des Kin- des ist. Hierfür sind ins-besondere die Dauer, die Regelmäßigkeit und die Umstände des Aufenthalts in einem Mitgliedsstaat sowie die Gründe für diesen Aufenthalt und den Umzug der Familie in diesen Staat, […]. Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller tat- sächlichen Umstände des Einzelfalls den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes festzustellen.“ – EuGH, C – 523/07; NJW 2009, 1868. Diese Definition macht bereits jedem deutlich, wie unklar die Rechts- lage ist. Problemfälle Problemfälle des gewöhnlichen Aufenthaltes entstehen bei dem Ausein- anderfallen von Wohn- und Arbeitsort, Grenzpendlern, geschäftsunfähige Erblasser und beim doppelten Wohnsitz, hierbei sind die tatsächlichen Umstände maßgeblich. Foto:©ThomasSchlorke

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